Wirtschaftswunder-Hits und was wir daraus lernen

Wie die Alten sungen, so zwitschern auch die Jungen? Eine Betrachtung des Volksliedgutes zeigt auf, wie wir uns von Wirtschaftswunderzeiten hin zur »offenen Gesellschaft« entwickelt haben. Das Dichten von Liedtexten vom »schwarzen Zigeuner«, bis hin zu »Deutschland verrecke« im Laufe der Zeit.

Liebe Hörerinnen und Hörer. Neues Futter für unseren Sender: Die Hits aus Wirtschaftswunderzeiten. Ganze 12 CDs haben den Weg in unsere Bibliothek gefunden – was Sie sicherlich bereits bemerkt haben. Genießen sie Musik und insbesondere auch die Texte dieser positiven, optimistischen und liebevollen Zeit. Manchmal scheint die Botschaft dieser Lieder etwas trivial zu sein, aber Hand aufs Herz: Wer würde diese nicht gerne gegen die Narrative unserer Tage eintauschen wollen? Aber kann man solch eine Unbekümmertheit und Entpolitisierung überhaupt noch ertragen? Ja, das kann man, aber wir müssen es wieder neu erlernen und zurückerobern.

Geht es Ihnen auch so? Sie sehen ein Werbeplakat, einen Film oder hören Musik »von damals« und es springt Ihnen förmlich ins Auge, wie weit wir uns anno 2020 von der optimistischen Grundstimmung dieser Zeiten entfernt haben? Im heutigen Mainstream gelten die 50er-Jahre allenthalben als spießig und muffelig. Aber stimmt das überhaupt? Nichts davon jedenfalls kann ich aus diesen Liedern heraushören. Schon gar keine Spießigkeit. Diesbezüglich nämlich sind wir im liberalsten Deutschland in welchem wir jemals gelebt haben, bereits soweit »fortgeschritten«, dass wir die 50er-Jahre weit hinter uns gelassen haben. Die Stimmung ist nämlich mies, während sich die Political Correctness längst wie eine Betonplatte über die letzten Keime unserer Freiheiten gegossen hat. Denn ständig, wirklich ständig wird der mahnende Zeigefinger erhoben und dem deutschen Michel auf allen Kanälen vors Gesicht gestreckt. Was ist und wird nicht alles verboten, was ist nicht alles rassistisch oder fremdenfeindlich, was nicht alles faschistisch, kapitalistisch, sexistisch, chauvinistich oder sonst wie »istisch«, und diskriminiert irgendwelche, täglich neu erfundenen »Minderheiten«? Doch Dank des heroischen Kampf gegen das rechte Bürgertum stickiger Zeiten, sind wir als »offene Gesellschaft« glücklicherweise schon ein gutes Stück vorangekommen. Und tatsächlich: Man hört es auch in den Liedern. Am Ende dieses Artikels dazu mehr.

Oh ja, die neuen Tugendgebote kann man tatsächlich stickiger als die ach so miefigen 50er-Jahre empfinden. Die heutige Gesellschaft ist nämlich keine offene mehr, sondern eine geschlossene. Vom wieder en vogue werdenden Blockawartentum wollen wir gar nicht erst reden. Dieser gewaltige Unterschied zu früheren Zeiten, fällt einem doch immer wieder auf, wenn man durch ein Medium wie Musik, Schrift oder Film, in alte Zeiten katapultiert wird.

Klar, waren die 50er-Jahre auch von einem auf seine Sitten und Tugenden achtendes Bürgertum geprägt, und möglicherweise nicht immer so liberal, wie man sich das vielleicht wünschen würde. Aber wie hoch ist der Preis zu heutigen Zeiten? Sind die Menschen heute gebildeter, toleranter oder gar tugendhafter? Eher nicht. Wie steht es um die echten Tugenden wie Höflichkeit oder Respekt, insbesondere junger Menschen? Ich erinnere mich noch dunkel an einen Bericht meinens Opas, welcher mir sein Entsetzen darüber kundtat, wie sehr die Jugend doch heutzutage verroht sei. Er erzählte mir eine Begebenheit von »damals«, es müssen wohl die 60er gewesen sein, als er einen etwa 14jährigen Jungen auf der Straße beim Rauchen erwischt hatte und diesen dann, möglicherweise mit erhobenem Zeigefinger, darauf angesprochen habe. Die Reaktion des Jungen: »Er zog extra tief an der Zigarette und blies mir den Rauch demonstrativ entgegen. Eine Unverschämtheit!«, so mein entrüsteter Großvater. War da irgendwas? Die Reaktion eines Jugendlichen heutzutage, zumal wenn unbegleitet, würde sicherlich »demonstrativer« ausfallen.

Was wurde nicht alles besungen in den Schlagern der Wirtschaftswunderjahren. Neben der unvermeidlichen Liebe, hört man vor allem eines heraus: Fernweh. Es scheint, als hätten die (West-)Deutschen einen unstillbaren Hang zur Ferne und ebenso Exotik gehabt. Caprisonne und Südsee als Ziele oder der aufregend exotische Zigeuner sowie Freigeister wie lachende Vagabunden, schienen in den »spießigen« 50ern der Renner gewesen zu sein. Aber ja: Die Menschen wollten dem tatsächlichen Muff der noch spürbaren Nazijahre entfliehen. Auffallend ist überdies, dass all die besungenen Bimbos, Zigeuner und Chinesen ausschließlich positiv besetzt, sprich besungen wurden. Da ist nichts, aber auch gar nicht von Häme, Beileidigungen und der gleichen getextet. Von Dingen wie angeblichen »Alltagsrassismus« – weit gefehlt. Aber das ist ja auch egal. Schließlich werden mittlerweile selbst positiv besetzte Begriffe, wie etwa eine wohlschmeckende Zigeunersoße der Sprachgestapo zum Fraß vorgeworfen.

Ein weiterer Aspekt der Schlagertexter der Adenauer-Zeit: Frauen singen positiv über Männer. Sie betrauern sie sogar, wenn sie ihnen abhanden gekommen sind. So wie man das auch noch heutzutage mit umgekehrten Geschlechtern kennt: Baby, please come back to me. So eine Zeile von einer Frau aktuell gesungen, ist eher eine Seltenheit, um es mal vorsichtig auszudrücken. Und wenn doch, dann wären die Werbekanäle dieser mutigen Sängerin, zukünftig auf selbst produzierte YouTube-Videos beschränkt, sofern nicht bereits gelöscht.

Die Bilderwelten auf den Covern der 50er sprechen ebenso eine deutlich andere Sprache. Das dämliche Cool-sein-wollen sucht man glücklicherweise vergebens in den Gesichern der Menschen. Und erst die Kleidung. Wie schick sie doch alle (noch) angezogen waren. Nein, ich sehe keine Cis-Frauen mehr, sondern nur noch Damen auf den Plattenhüllen und Zeitschriftentiteln. Nicht auszudenken: Letztere zeigten sogar glückliche Familien. Ein Ding der Unmöglichkeit. Dies befand auch bereits im Jahre 2012 die Wochenzeitung der »konservativen« FAZ, als diese eine typische Familie aus Wirtschaftswunderzeiten auf ihrem Titelblatt abbildete. Die Grundfarbe des Titels war in sepia-braun gehalten und man konnte eine fünfköpfige Familie mit Hund darauf bestaunen. Alle waren adrett bekleidet, die Kinder ordentlich frisiert und das Mädchen hatte Schleifen in den Haaren. Titel der FAZ: »Rechtspopulismus: Wie die AFD leben möchte«. Ähnlich ein Werbeplakat der Partei »DIE LINKE«. Auch hier ist eine offensichtlich glückliche Familie zusehen. Text: »Hey AFD, die 50er haben angerufen und wollen ihr Familienbild wieder zurück haben.« Setzt man das vom Hauptstrom oft verwendete Schlagwort »ADF« gleich mit »bürgerlich«, dann fühle ich mich auch als Libertärer angesprochen, bzw. betroffen. Was kann ich also froh sein, qua Gnade meiner Spätgeburt, diese furchtbaren Zeiten nicht erlebt haben zu müssen, in einer rechtsextremen 50er-Jahre-Familie aufzuwachsen.

Nein, ich wünsche mir die 50er-Jahre nicht zurück. Mein Blick ist nach vorne gerichtet. Und dieser könnte ohne die omnipräsente Politisierung besser ausschauen als in den 50er; von den Haifischflossen der Autos mal abgesehen. Denn infolge des technischen Fortschritts und einer dank Wohlstand immer grüner werdenden Umwelt, könnten wir ohne sozialistische Repressalien eigentlich ein entspanntes Leben führen und in eine rosige Zukunft blicken. Ein Leben führen, ohne den pseudomoralischen Zeigefinger, Gebote und Verbote, sowie Planwirtschaft der Kulturmarxisten. Ein Leben genießen, mit den Erungenschaften furchtloser Unternehmer, ein entpolitisiertes und kultiviertes Privatleben mit Anstand, Eigenverantwortung und Würde und zwar ohne das zunehmend fetter werdende Ausbeutertum der Steueresser. Ein Leben wie ein Watz.

Doch wie steht es eigentlich um unsere Sprache? Hat sich diese in den letzten 70 Jahren weiterentwickelt? Das mag jeder für sich selbst entscheiden. Worauf ich lediglich hinweisen möchte: Unsere Sprache ist gewissermaßen effektiver geworten. Sie braucht nicht mehr so viele Wörter. Anstatt zu sagen: »Ich gehe jetzt ins ALDI«, reicht jetzt auch ein »Ich geh ALDI«. Oder aus Kindermündern oft gehört: »Darf ich Cola?« Das ist doch ein echter Fortschritt. Ein Problem aber bleibt: Die alte Kultursprache des Bürgertums steht noch überall geduldig auf Papier geschrieben. Doch dazu haben die Vorsteher der neu entstehenden Schriftungskammern längst eine Lösung parat. Ältere Bücher werden einfach umgeschrieben und von den auf dem Index stehenden Wörtern gesäubert (Das hat mit Orewell natürlich gar nichts zu tun). Bei Liedern geht das zum Glück (noch) nicht. Also werden sie schlicht nicht mehr im Radio gespielt. Dies möchten wir hiermit nachholen. Zuguterletzt seien vier Liedtexte einander gegenübergestellt. Zwei aus Wirtschaftswunderzeiten, und zwei unserer »modernen« und »offenen Gesellschaft« entsprungen. Funfact: Zwei von den unten aufgeführten Künstlern bekamen sogar eine Empfehlung von Bundesgrüßaugust Frank-Walter Steinmeier, sowie Kathrin Göring-Hermann (»Yes! Ihr seid groß!«). Welche? Wer richtig rät, bekommt einen extra Social-Scoring-Punkt.

P.S. Das Wirtschaftswunder war eigentlich kein Wunder, sondern einfach nur Wirtschaft. Wirtschaft, wenn man sie weitestgehend in Ruhe lässt. Da dieses Wunder oder einfach bloß diese Wirtschaft gerade etwas in weite Ferne gerückt ist, könnte es dann sein, dass die Qualität von Musik und politischen Systemen eine Symbiose eingehen? Zufall oder gar eine Verschwörung? Fragen über Fragen!

Heintje: Mama

Bald wird das wieder uns vereinen
Ich werd es nie vergessen
Was ich an dir hab besessen
Das es auf Erden nur eine gibt
Die mich so heiß hat geliebt
Mama
Und bringt das Schicksal uns nur Kummer und Schmerz
Dann denk ich oft daran
Es weint für mich immer
Mama dein Herz

Feine Sahne Fischfilet: Scheitern und Verstehen

Punk heißt gegen’s Vaterland, das ist doch allen klar
Deutschland verrecke, das wäre wunderbar!
Heute wird geteilt, was das Zeug hält
Deutschland ist scheiße, Deutschland ist Dreck!
Gib mir ein ‘like’ gegen Deutschland

Vico Torriani: Du schwarzer Zigeuner

Du schwarzer Zigeuner, komm spiel mir was vor
Denn ich will vergessen heut‘, was ich verlor.
Du schwarzer Zigeuner, du kennst meinen Schmerz
Und wenn deine Geige weint, weint auch mein Herz.

Spiel mir das süße Lied, aus goldner Zeit
Spiel mir das alte Lied, von Lieb und Leid

Du schwarzer Zigeuner, komm spiel mir ins Ohr
Denn ich will vergessen ganz, was ich verlor.

K.I.Z: Ein Affe und ein Pferd

Ich war in der Schule und habe nix gelernt
Doch heute habe ich ei’n Affen und ein Pferd
Ich mach Mousse aus deiner Fresse
Boom verrecke

Wenn ich den Polenböller in deine Kapuze stecke
Die halbe Schule war querschnittsgelähmt von mei’n Nackenklatschern
Meine Hausaufgaben mussten irgendwelche deutschen Spasten machen
Gee Futuristic ich krieg Durchfall von die Bässe
Ich ramm die Messerklinge in die Journalistenfresse

Bullen hör’n mein Handy ab (spricht er jetzt von Koks)
Ich habe fünfzig Wörter für Schnee, wie Eskimos
Trete deiner Frau in den Bauch, fresse die Fehlgeburt
Für meine Taten werd ich wiedergebor’n als Regenwurm
Sei mein Gast, nimm ein Glas von mei’m Urin und entspann dich
Zwei Huren in jedem Arm mit Trisomie einundzwanzig

Ist eine Frau nicht nackt, dann beschmeiss ich sie mit Scheine
Macht sie sich dann nackt, dann beschmeiss ich sie mit Steine

Eva Herman sieht mich, denkt sich, was’n Deutscher
Und ich gebe ihr von hinten, wie ein Staffelläufer
Ich fick sie grün und blau, wie mein kunterbuntes Haus
Nich alles was man oben reinsteckt kommt unten wieder raus